Januar 2009 startet am Flughafen La Guardia ein Airbus A320 mit 155 Menschen an Bord in den kalten Himmel über New York. Kurz nach dem Abflug gerät die Maschine in einen Schwarm Wildgänse. Sofort fallen beide Motoren aus; das Flugzeug beginnt abzustürzen. Da trifft der 57-jährige Pilot Chesley 'Sully' Sullenberger die glorreichste Entscheidung seines Lebens: Er versucht weder, nach La Guardia zurückzukehren, noch einen anderen Flughafen in der Nähe anzusteuern. Stattdessen landet er sein Flugzeug heroisch auf dem eiskalten Hudson River. Alle Insassen werden gerettet. Im Laufe seines Films 'Sully' kommt Regisseur mehrfach auf diesen spektakulären Moment zurück, dessen mediale Aufbereitung vor knapp acht Jahren um die Welt ging. Er zeigt ihn aus der Perspektive der Reisenden, der Flugbegleiter, der Piloten. Er zeigt aber auch - und vor allem -, was sich daran im Anschluss abspielen wird. In den Zeitungen und auf den allgegenwärtigen Fernsehmonitoren wird Sully, vom schnauzbärtigen sehr Tom-Hanks-artig verkörpert, als Held gefeiert. Doch Sully selbst hat mit psychologischen Folgen zu kämpfen: Er schreckt aus Albträumen hoch, versinkt in horrenden Tagträumereien, steht immer wieder ratlos vor dem Spiegel. Von dort blickt ein gealterter Mann mit grauen Haaren zurück. Anders als der Schriftsteller Philip Roth, ein anderer, vom Altern des Mannes besessener Amerikaner, treibt ihn das aber nicht zur Verzweiflung. Klar, man sieht Sully mehrmals kurzatmig durch die Straßen von New York joggen. Aber im entscheidenden Moment sind es halt doch seine Erfahrung aus abertausenden von Flügen und der ruhige Professionalismus des Alters, dem die Insassen ihr Leben verdanken. Eastwood beschwört dabei die Kraft der Intuition - das, was der Psychologe Gerd Gigerenzer als 'Bauchentscheidung' bezeichnet: Sully hat genau 208 Sekunden für die Landung auf dem Hudson River und noch viel weniger für die Entscheidung, sich auf diese irrwitzige Rettungstat überhaupt einzulassen. Dabei lässt es sich Eastwood nicht nehmen, ein flammendes Plädoyer gegen allzu großes Vertrauen in Computer und Algorithmen einzuflechten. Im Video: Filmbesprechung 'Sully' Die nationale Behörde für Transportsicherheit NTSB setzt ihre Ermittler auf Sully und seinen Co-Piloten Jeff Skiles (Aaron Eckhart) an. In packenden verbalen Duellen am Verhandlungstisch muss Sully seine Bauchentscheidung gegen das alternative Rettungsszenario verteidigen, das die Flugsimulatoren der NTSB nahelegen. Transhumanisten mögen Eastwoods Botschaft als naiv und betulich abtun. Andere werden sie als warmherziges Lagerfeuer für ihre erkalteten Seelen in der digitalen Welt begreifen. Dass Eastwood in seinen Actionsequenzen selbst nicht ohne computergenerierte Spezialeffekte auskommt, steht dann auf einem anderen Blatt. Nachdem Eastwood in seinem Vorgängerfilm (2014) einen Scharfschützen auf widerwärtige Weise zum Militärhelden verklärt hatte, huldigt er nun also einem Helden des Alltags, der vor Pflichtgefühl, Ordnungsbewusstsein und Ehrlichkeit nur so strotzt. Sully Mehr noch: Man kann 'Sully' als einen menschlichen Superhelden-Film verstehen. Als wollte uns Eastwood zurufen: Leute, was braucht ihr Captain America, wenn ihr Captain Sully habt? Der Sehnsucht nach dem Superhelden, die der Film zu befriedigen versucht, spürt er selbst mit leisem Humor nach: Wildfremde Menschen küssen Sully auf die Wange, umarmen ihn, applaudieren ihm. Im Video: Der Trailer von 'Sully' St. Sully, der Heilige vom Hudson, ist das blitzsaubere Gegenstück zu Denzel Washingtons verkrachtem Alkoholiker-Piloten aus (2012), ein Film, der ebenfalls die Untersuchungen im Anschluss an eine abenteuerliche Notlandung thematisiert. Über die mehrfach eingestreuten Telefonate mit seiner Frau Lorraine (Laura Linney) erfahren wir zwar, dass Sully, wie so viele Amerikaner, Schulden gemacht hat. Ansonsten aber verkörpert er das Sicherheit verheißende moralisch Gute in einer als unsicher empfundenen Welt. Und damit wären wir dann auch bei der entscheidenden Funktion des Films: 'Sully' kam am 9. September in die amerikanischen Kinos, zwei Tage vor dem 15. Jahrestag von 9/11. Von der ersten Einstellung an macht Eastwood klar, dass wir es hier mit einer 9/11-Aufarbeitung zu tun haben. Nach der Rettungstat sagt ein Kollege von Sully, es sei eine Weile her, dass New York eine derart gute Nachricht erhalten habe - vor allem mit einem Flugzeug darin. Eastwoods Verfilmung des realen Heldenstücks mobilisiert eine Menge amerikanisches Pathos für einen guten Zweck: Sie soll helfen, Wunden zu schließen - Wunden, die seit 15 Jahren nicht verheilen wollen. Anscheinend will Trump-Fan Eastwood das absehbare Ende seiner Regie-Karriere mit ein paar patriotischen Hymnen auf echte amerikanische Helden ausklingen lassen. Ich habe mich angesichts der Inhaltsangabe und der Rezensionen schon geweigert, 'American Sniper' anzusehen. Nach einer erneuten Heldenverehrung steht mit erst recht nicht der Sinn, zumal Tom Hanks seit gefühlten 30 Filmen immer nur denselben teigigen Gesichtsausdruck zur Schau stellt, was zuletzt auch wieder in 'Inferno' zu beobachten war. Bitte deaktivieren Sie Ihren Adblocker! 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Der mit Lorraine Sullenberger () verheiratete Texaner hat 2009 bereits eine beeindruckende Karriere in der Luftfahrt hinter sich, als eines kalten Januarmorgens etwas Unvorhergesehenes geschieht: Ein Schwarm Vögel gerät in die Triebwerk seines Flugzeuges und der Flieger stürzt ab – mitten über Manhattan. Sully muss nun, im Angesicht der Krise, die all seine Passagiere das Leben kosten könnte, zusammen mit seinem Co-Piloten Jeff Skiles () eine schnelle Entscheidung treffen, denn dass er einen Flughafen zur Notlandung erreicht, steht außer Frage. Tatsächlich gelingt es ihm, sein Flugzeug auf dem Hudson River ohne den Verlust von Leben zu landen. Doch damit löst er etwas aus, was er mit seiner heldenhaften Tat nicht vorhersehen konnte. Hintergrund & Infos zu Sully Als Regisseur zur Inszenierung des auf wahren Ereignissen beruhenden, heroischen Stoffes von Sully wurde im Mai 2015 an Bord geholt, der bereits in (2014), (2011) und (2009) seine patriotische Seite als Filmemacher zur Schau gestellt hatte. Sully knüpft an die Geschehnisse des Fluges 1549 an, die sich am 15. Januar 2009 entfalteten: Als Pilot startete Chesley “Sully” Sullenberger mit seinem Airbus A320 vom New Yorker Flughafen LaGuardia, um nach Charlotte, North Carolina zu fliegen. Bereits kurz nach dem Start kreuzte jedoch ein großer Schwarm kanadischer Wildgänge seinen Weg, geriet in die Triebwerke und setzte beide Antriebe der Maschine infolgedessen außer Kraft. Die linke Turbine fing Feuer. Auf seinen Notruf an die Flugsicherung hin riet man dem Piloten, entweder zum LaGuardia Airport zurückzukehren oder aber auf dem Flughafen Teterboro in New Jersey notzulanden. Da Sullenberger keine der Optionen für durchführbar hielt, traf er jedoch die Entscheidung, auf dem Hudson River eine Wasserlandung durchzuführen und rettete dadurch all seine Passagiere. Anstatt sich allein auf diese Heldentat des Piloten zu konzentrieren, die natürlich der ausschlaggebende Punkt war, Sullenberger überhaupt einen Film zu widmen, verkündete Warner Bros. Im Vorfeld, dass das Biopic Sully mehr als nur einen Tag aus dem Leben des Piloten beleuchten solle. Sully wurde 1559 auf Schloss Rosny-sur-Seine geboren, als Sohn von François de Béthune und Charlotte Dauvet, als Sproß einer wenig. Deshalb basiert der Film auf dem gesamten autobiografischen Werk Highest Duty: My Search for What Really Matters, das zusammen mit noch im Jahr des Absturzes veröffentlichte. Alle Infos zum Film Sully (2016): In Clint Eastwoods Flugzeugabsturzdrama glänzt Tom Hanks als entschlossener Pilot, der zum Helden wird und sich.>>mehr. Der Filmpalast am ZKM, Karlsruhe, zählt zu den Top-Ten Multiplexkinos in Deutschland. In stilvollem Ambiente und zehn Kinosälen erwartet sie ein. Alle Infos zum Film Sully (2016): In Clint Eastwoods Flugzeugabsturzdrama glänzt Tom Hanks als entschlossener Pilot, der zum Helden wird und sich.>>mehr. Diesmal wird alles gut: Clint Eastwoods patriotischer Actionfilm 'Sully' ist ein Labsal für die amerikanische Seele.
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May 2019
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